Cover
Titel
Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern 2008 / Annuaire du Service archéologique du canton de Berne 2008.


Herausgeber
Archäologie Bern; Archéologie bernoise
Erschienen
Bern 2008: Rub Media
Anzahl Seiten
224 S.
Preis
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Claire Hauser Pult

Das archäologische Jahr 2007 stand für den Archäologischen Dienst des Kantons Bern (ADB) unter dem Titel Reorganisation. Seit seiner Gründung im Jahre 1969 hat sich der ADB bedeutend weiterentwickelt, sodass eine Anpassung des Betriebs an die neuen Erfordernisse einer modernen Archäologie nötig wurde. Heute ist der ADB in die fünf Ressorts «Stab», «Inventar», «Archäologie», «Konservierung» und «Medien» gegliedert, die den verschiedenen Arbeitsschritten archäologischer Vorgehensweise entsprechen.

Bei dieser Gelegenheit wurde auch das Konzept für die Veröffentlichungen des ADB überarbeitet. Die künftigen Publikationen sollen «Informationsfülle, Lesbarkeit und Publikumsfreundlichkeit miteinander ... verbinden, ohne dabei die Wissenschaftlichkeit aus dem Auge zu verlieren» (S. 6).

Ein erstes Ergebnis dieses Konzepts stellt der vorliegende, reich bebilderte Band dar. Nach einem Überblick über das archäologische Jahr 2007 in Deutsch und Französisch folgen die alphabetisch gegliederten kurzen Fundberichte über die archäologischen Interventionen dieses Jahres. Eine Karte mit den Fundstellen erleichtert die Übersicht. Die anschliessenden Kurzberichte informieren in etwas ausführlicherer Form über die archäologisch ergiebigeren Untersuchungen und Resultate. Ihnen folgen die längeren Aufsätze zu archäologischen Themen, die nach wissenschaftlichen Kriterien aufgebaut sind. Im Folgenden seien stellvertretend für die zahlreichen spannenden Beiträge einige wenige willkürlich herausgegriffen.

Einen Schwerpunkt im vorliegenden Band bilden die Pfahlbauten, für deren
Kandidatur als UNESCO-Welterbe die Fäden insbesondere im Archäologischen
Dienst des Kantons Bern gezogen werden. Neben neuen Auswertungen von bekannten – und beinahe durchwegs bedrohten – Feuchtbodensiedlungen an verschiedenen Berner Seen ist hier vor allem eine mit der Kantonsarchäologie Solothurn gemeinsam durchgeführte archäologische Ausgrabung am in beiden Kantonen liegenden Inkwilersee zu nennen. Dabei konnte am Seegrund ein Kinderschwert aus Holz geborgen werden, dessen C14-Datierung ins 13.–9. Jahrhundert v. Chr. weist – ein sensationeller, europaweit einzigartiger Fund. Die vorgestellten Resultate von baugeschichtlichen Untersuchungen stammen insbesondere aus Burgen und Kirchen. Eindrücklich hier die Untersuchungen in der Michaelskirche in Meiringen, die im Laufe der Zeit mehrfach von Murgängen und Überschwemmungen heimgesucht wurde und die heute mit neuer Beleuchtung und Besucherstegen im Untergrund zugänglich ist, oder die neu konservierte Burgruine Ringgenberg, Sitz des Minnesängers Johannes von Ringgenberg, mit den vielen mittelalterlichen Brutnischen für Tauben in der Fassade über den Fenstern des Festsaals. Gut nachvollziehbar ist auch die wundersame Vermehrung der archäologischen Fundstellen in den Berner Alpen, die dank der seit einigen Jahren systematischen Prospektion erfasst werden konnten und die einen wichtigen Beitrag zur Geschichte des Alpwesens leisten.

Der Kanton Bern ist ein zweisprachiger Kanton, die vorliegende Buchreihe
heisst offiziell «Archäologie Bern / Archéologie bernoise». Das Vorwort und das Kapitel «Das archäologische Jahr 2007» sind integral zweisprachig. Dass nicht das ganze Buch übersetzt werden kann, ist naheliegend. Es wäre aber zu überlegen, ob nicht die Abbildungslegenden durchgehend jeweils in Deutsch und Französisch erscheinen und zumindest die Aufsätze mit einer Zusammenfassung in der zweiten Kantonssprache versehen werden könnten. Integrativer für eine zweisprachige Ausgabe wäre zudem die Verwendung von – sofern vorhanden – Termini, die für beide Sprachen gelten. Zum Beispiel könnte für das französische «adresses» durchaus das in der Schweiz gebräuchlichere «Adressen» verwendet werden, anstelle der «Anschriften». Es macht auch wenig Sinn, zwischen «Literatur» für die deutschen und «Bibliographie» für die französischen Beiträge zu unterscheiden.

Das neue Layout wirkt frisch und farbig. Die Abbildungen sind durchwegs von
guter Qualität, die Grafiken ansprechend gestaltet. Das Schriftbild des Lauftextes stimmt. Besonders schön und übersichtlich dargestellt sind die Fundberichte. Strukturell hingegen weist das neue Layout einige Mängel auf: Fraglich, aber letztlich Geschmackssache ist, ob tatsächlich derart viel kursiv gesetzt werden muss. Nicht in die Publikation gehört das scharfe S (ß), denn es wird in der Schweiz nicht verwendet. Dass im ganzen Band durchgehend jeder einzelne Abschnitt durch eine Leerzeile abgesetzt ist, reisst den Text unnötig auseinander und macht die Sache unübersichtlich. Leerseiten innerhalb eines in sich geschlossenen Buchteils sollten vermieden werden. Fehlende Vorgaben für Titelkategorien führen zu schlecht oder willkürlich gegliederten Texten. Zusammenfassungen sind manchmal vorhanden, meistens nicht. Unruhig und uneinheitlich wirken die Abbildungslegenden, deren Breite von halbspaltig bis ganzseitig schwankt.

Es ist die Aufgabe von Redaktion und Gestalter, Texte und Abbildungen so
darzustellen, dass sie vom Lesenden leicht erfasst und begriffen werden können. Dazu gehören eine klare, hierarchische Gliederung und eingehaltene Layoutvorgaben. Nicht das Layout hat sich dem Text anzupassen, sondern umgekehrt. Man wird den Eindruck nicht los, dass die Manuskripte mehr oder weniger tel quel übernommen wurden. Eine Redaktion umfasst aber nicht nur die sprachliche Anpassung und Korrektur. Die Reihe «Archäologie Bern / Archéologie bernoise» hat einen definierten Auftrag, dem Inhalt und Form gerecht werden müssen. Mit dem neuen Konzept für Veröffentlichungen ist der erste Schritt getan, nun müsste mit klaren Vorgaben der zweite folgen.

Zitierweise:
Claire Hauser Pult: Rezension zu: Archäologie Bern / Archéologie bernoise. Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern 2008 / Annuaire du Service archéologique du canton de Berne 2008, Bern, Rub Media, 2008, 224 S. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 71, Nr. 2, Bern 2009, S. 55f.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 71, Nr. 2, Bern 2009, S. 55f.

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